Eine neue Art der Freiheit?

Die Bundesbürgerinnen und Bundesbürger sind es gewohnt ihre Meinung durch Leserbriefe, Kommentare oder meist über die sozialen Netzwerke frei äußern zu können. Ohne dass sie dabei Angst vor Repressalien und Strafen haben müssen. Solange sie sich im gesetzlichen Rahmen der Meinungsfreiheit bewegen, versteht sich. Daher ist es hierzulande auch nicht so schwer, (s)eine Meinung öffentlich vertreten zu können, schwerer hingegen ist es, die eigene Meinung auch in die Welt zu bringen. Viele andere nämlich gehen mit ihrer Meinung auch in diese Welt. Und so wird oft der oder die gelesen, der oder die sowieso schon eine große Reichweite besitzt oder ein besonders Aufmerksamkeit erheischendes Thema platzieren kann. Polizeiberichte zum Beispiel, stehen da sehr hoch im Kurs.

Allen gemein ist ihre Halbwertszeit. Aufreger von heute werden morgen bereits durch neue Aufreger zugeschüttet und vergessen. Unser Stimulus scheint in immer kürzeren Abständen neue geistige Nahrung erhalten zu müssen. Beobachte ich mein Kind am Handy, so sehe ich oft nur ein Daumenwischen nach oben.

Es stellt sich mir also die Frage, ob es überhaupt Sinn macht, Falschinformationen korrigieren zu wollen, die Zeit fegt sie doch sowieso hinweg. Wozu also noch mehr Aufmerksamkeit auf dieses Thema lenken?

Im Umkehrschluss würde das aber bedeuten, egal was gesagt wird, es ist morgen sowieso schon Schnee von gestern und es muss sich keiner mehr Gedanken um die Konsequenzen machen. Eine neue Freiheit also, die von jeglicher Verantwortung befreit ist?

Als die Welt noch ein Dorf war, gab es der Legende nach in jedem Dorf einen sogenannten Dorftrottel (interessanter Weise gibt es hier scheinbar keine weibliche Form). Der Dorftrottel war allen bekannt, man wusste ihn und sein Handeln zu nehmen und er war trotzdem ein anerkannter Teil der Gemeinschaft. Heute braucht es länger, um im Internet einen Dorftrottel zu erkennen. Jeder Depp kann alles von sich geben und das als (s/r)eine Wahrheit verkünden, im Brustton der vollen Überzeugung. Daher obliegt es uns, diese vermeintliche Wahrheit zu glauben oder nicht. Denn es gilt nicht nur die Freiheit des Gesagten, sondern auch die Freiheit, das Dargebotene mit der eigenen Erkenntnis in Augenschein zu nehmen, es zu überprüfen, zu verwerfen oder als annehmbar zu bewerten.

In der heutigen Medienlandschaft ist Schnelligkeit am wichtigsten. Wer die Nachricht oder Meinung als erstes bringt, zeigt, wie sehr er oder sie doch auf Zack ist. Immer am Puls der Zeit. Dabei fehlt es aber gerade oft an der Zeit, Meldungen zu verifizieren. So geschehen beim Raketeneinschlag in Polen. Allzu schnelle Tweets sprachen vom Ausbruch des 3. Weltkriegs oder dem Nato-Bündnisfall. Sich hinterher dafür zu entschuldigen und den Tweet wieder zu löschen, bringt mich dann zurück zur Verantwortung. Auf der anderen Seite waren es gerade die Nachrichten von Userinnen in den sozialen Medien, die die Kölner Polizei davon abhielten, Vorgänge der Silvesternacht 2015 zu beschönigen.

Schöne neue Freiheit

Freiheit und Verantwortung gehen meines Erachtens Hand in Hand. Das gilt sowohl für Taten als auch für Worte. Gehen wir vom Sender/Empfänger-Prinzip aus, können wir dazu beitragen, Verfasser zum Umdenken zu bewegen, sollten sie mit ihrer Meinung auf keine nennenswerte Resonanz mehr stoßen oder Widerworte erfahren.