Kampfansage an die Politik

Die Gemeindeordnung des Landes Schleswig-Holstein regelt sehr genau, welche Aufgaben und Kompetenzen ein Bürgermeister oder eine Bürgermeisterin hat. In § 65 Abs. 1 heißt es: „Die Bürgermeisterin oder der Bürgermeister leitet die Verwaltung der Stadt in eigener Zuständigkeit nach den Zielen und Grundsätzen der Stadtvertretung und im Rahmen der von ihr bereitgestellten Mittel.“
Und gerade um die nicht oder verzögerte Umsetzung der Aufträge der Stadtvertretung geht es den vier Fraktionen CDU, SPD, WfB und FDP. Daher unterstützen die genannten Parteien die Bürgermeisterkandidatin Gabriele Hettwer (parteilos).

In einem jetzt erschienenen Interview äußerte sich die amtierende Bürgermeisterin über die vier Fraktionen:

„Noch mal sechs Jahre nur auf Konfrontation aus sein, das halten die vier Parteien nicht durch.“

Birte Kruse-Gobrecht, Lübecker Nachrichten vom 14. April 2022

Nun könnte man meinen, die ausgebildete Juristin sollte die Gemeindeordnung sowohl kennen, als auch verstehen. Und es darf weiterhin die Frage in den Raum gestellt werden, wie eine Mediatorin, als welche sie sich in fast jedem Interview gerne bezeichnet, solch einen Satz sagen kann.

Die Zeitangabe sechs Jahre impliziert die Vermutung, das seit Beginn ihrer Amtszeit im September 2016 als Bürgermeisterin, sich die vier Fraktionen gegen Kruse-Gobrecht gestellt haben. Gehen wir dem einmal nach.

Fazit der Fraktionen nach 100 Tagen Amtszeit im Hamburger Abendblatt vom 22.12.2016:

„Es ist noch zu knapp, um die Arbeit der Bürgermeisterin zu bewerten. Die Kommunikation und die Tiefe der Informationen auch ohne Nachfrage können besser werden. Wir sind optimistisch, dass sie sich das aneignet.“

Mathias Steinbuck, Fraktionsvorsitzender der CDU

„Über wichtige Dinge haben wir meist direkt mit den Abteilungen gesprochen. Beide Vorgänger haben bei Problemen die Dinge selbst in die Hand genommen und Hindernisse aus dem Weg geräumt. Jetzt ist die Politik stärker gefordert.“

Jürgen Weingärtner, Fraktionsvorsitzender der SPD

„Sie hat die Dinge im Griff, kompetent alle Fakten drauf und weiß, wovon sie spricht.“

Norbert Muras, Fraktionsvorsitzender der WfB

„Außerdem ist sie eine geschickte Moderatorin bei Konflikten.“

Thomas Fischer, Fraktionsvorsitzender der Grünen

„Ich habe keine Probleme mit ihr.“

Siegrun Jonuscheit, Stadtvertreterin der FDP

Zwischenbilanz nach drei Jahren Amtszeit (2019)

Die eigene Zwischenbilanz der Bürgermeisterin fiel insgesamt positiv aus. Defizite sah sie damals neben der Klimapolitik der Stadt „in der Zusammenarbeit mit der Bargteheider Kommunalpolitik: „Manchmal habe ich den Eindruck, einige haben noch immer ein Problem damit, dass sie es im Rathaus jetzt mit einer Frau zu tun haben.“ Diesbezüglich müsse sicher noch mehr Vertrauen in der Kommune wachsen“ so Kruse-Gobrecht im Hamburger Abendblatt vom 14.09.2019

Viele Chancen vertan“, titulierte daraufhin die CDU im September 2019 in ihrem Politikerwort über die Halbzeitbilanz der Bürgermeisterin. Hier widersprach der 1. Stadtrat Mathias Steinbuck auch der These der Bürgermeisterin, dass das Amt nun weiblich besetzt ist. „Die Behauptung, in der Politik hätten einige Akteure ein Problem damit, dass eine Frau das Rathaus „regiert“, ist absurd. Es kommt ausschließlich auf die Resultate an.“ Und auch auf das Thema „Hausmacht“, welches die amtierende Bürgermeisterin immer wieder gerne anspricht, ging Mathias Steinbuck ein: „Sowohl der parteigebundene Vorgänger der Bürgermeisterin als auch der parteilose Vor-Vorgänger hatten bei ihrer jeweiligen Wiederwahl in ihre zweite Amtszeit einen riesigen überparteilichen Rückhalt und auf die Unterstützung fast aller Fraktionen in der Stadtvertretung bauen können.“

Bürgermeister Werner Mitsch (parteilos) wurde 2002 mit über 83 Prozent in seine zweite Amtszeit gewählt und der direkte Vorgänger der jetzigen Bürgermeisterin, Landrat Henning Görtz erhielt für seine zweite Amtszeit 80,7 Prozent der Stimmen.

2020: Eine Bürgermeisterin überschreitet ihre Kompetenzen

Konnte man 2019 schon als ein durchwachsenes Jahr in der Zusammenarbeit zwischen Bürgermeisterin und Stadtvertretung einordnen, wäre es angebracht 2020 als GAU zu bezeichnen. In seinem Politikerwort vom 19.08.2020 stellte sich Norbert Muras von der WfB die Frage, warum z.B. ein vom Planungsauschuss im November 2019 beschlossenes Fahrradkonzept und verschließbare Fahrradmodule am Bahnhof noch nicht umgesetzt wurden. Die Antwort darauf gab er sich dann selbst: Die Verwaltung hatte zwischenzeitlich intern entschieden, dass derartige (Zitat der Bürgermeisterin): „Einzelmaßnahmen … nicht in Betracht kommen“.

Im Juni 2020 vergab die Bürgermeisterin ohne Rücksprache mit der Politik, die städtische Liegenschaft Coffee Lounge am Bargteheider Rathaus, an den Gastronom Elivs Bogicevic. Es gab weder eine Ausschreibung, noch wurde geprüft ob der Mietzins noch angemessen sei. Elvis Eis sponserte im übrigen 500 Eisgutscheine, welche die Bürgermeisterin im Jahr der Bürgermeisterwahl 2022, am 08.04.2022 an den Vorsitzenden der Ahrensburger Tafel am Standort Bargteheide pressewirkam übergab.

Entgegen der Entscheidung der Stadtvertretung im Juni 2020 wurde eine abgelehnten Planstelle (19A) am 09. Juli 2020 öffentlich ausgeschrieben. In einem Interview am 5. September behauptete dann die Bürgermeisterin, dass die Stelle nicht abgelehnt worden sei.

Bargteheide steht still. Unter diesem Motto wandten sich die Fraktionen CDU, WfB und FDP im Oktober 2020 an die Öffentlichkeit und kritisierten die Kommunikation und das beratungsresistente Verhalten der Bürgermeisterin.

Anfang Dezember veranlasste die Stadt die Rodung eines rund 3500 Quadratmeter großen Wald am Südring. Die untere Naturschutzbehörde schaltete sich ein. Die Verwaltung war nach eignen Angaben um Klärung des Sachverhalts bemüht, was die Stadtvertreter im März 2022 nicht davon abhielt, eine unabhängige Prüfung in Auftrag zu geben.

Vielleicht verwundert es da dann nicht, dass WfB, SPD, FDP und CDU sich auf die Suche nach einer neuen Bürgermeisterkandidatin machten. „Die Mitgliederversammlungen von CDU, SPD, WfB und FDP haben am Montag, den 14.06.2021 mit einem klaren Votum beschlossen, mit der Büroleiterin und Leiterin des Haupt- und Ordnungsamtes der Gemeinde Großhansdorf, Gabriele Hettwer, als Bürgermeisterkandidatin 2022 ins Rennen zu gehen.“, so die Pressemitteilung der vier Parteien.

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