|

Turbulente Stadtvertretung

Andreas Samtleben | 19.10.2023

In der 3. Sitzung der Stadtvertretung am 11.10.2023 drehte sich alles um in Deutschland Schutzsuchende. Der Bund verteilt nach einem Verteilungsschlüssel die Ankommenden auf die Bundesländer. Die wiederum auf die Kreise und kreisfreien Städte. Die wiederum teilen die Menschen auf die Kommunen auf. Allen Beteiligten ist dabei die brisante Lage gerade der Kommunen, dem letzten Glied in der Kette, bekannt. Diesen geht die Luft aus, finanziell und in Sachen Unterbringung sowieso.

Die in der Stadt vertretenen Parteien erhielten daher von der Verwaltung eine Entscheidungsmatrix, um zu entscheiden, wo Unterkünfte errichtet werden könnten. Die Prämisse dabei waren die Zeit und die Kosten. Die Entscheidung darüber trafen vorab die einzelnen Fraktionen für sich. Bis auf einen kleinen Umweg der Grünen, die eher das Gelände an den Stücken (Villa Wacker) präferierten, sich ein Grüner enthielt und einer dagegen war, fiel die Wahl auf das städtischen Gelände bei der Waldorfschule. Dort sind bereits alle Anschlüsse vorhanden, die Container für ca. 80 Schutzsuchende könnten noch dieses Jahr aufgestellt werden. Einigen der in der Aula der DBS zahlreich erschienen und möglicherweise betroffenen Bürgerinnen und Bürger gefiel das ganz und gar nicht.

Nun sind die Sitzungen der Stadtvertretung und auch der anderen Ausschüsse einem gewissen Ablauf unterworfen. Nach der Eröffnung und Feststellung der Tagesordnung gibt es eine auf max. fünfzehn Minuten begrenzte Einwohnerfragezeit, wobei die Redezeit einzelner Fragenden auf drei Minuten begrenzt ist. Danach sind keine Fragen mehr zugelassen, außer es wurde vorher in der Einwohnerfragezeit vereinbart. Bürgerinnen und Bürger, die öfter an den Sitzungen teilnehmen, ist das geläufig. Denen, denen das nicht geläufig war, versuchten sich bei dem Tagesordnungspunkt 4 „Standortbestimmung für Notunterkünfte“ Gehör zu verschaffen. Bürgervorsteherin Cornelia Harmuth verwies mehrmals auf die Regularien, worauf sehr wütende Bürger und Bürgerinnen daraufhin die Aula verließen. Soweit, so verständlich.

Ein Teil der Betroffenen blieb vor der Aula stehen. Mathias Steinbuck, Fraktionsvorsitzender der CDU, verließ als Erster die Aula und musste sich den Bürgerinnen und Bürgern stellen, ebenso der Fraktionsvorsitzende der SPD Mehmet Dalcinlinc und sein Stellvertreter Peter Beckendorf. Ob weitere Politiker mit den Anwesenden sprachen, ist mir nicht überliefert.

Was mir allerdings überliefert ist und was ich so nicht stehen lassen kann und möchte, ist ein Post auf Facebook von einem der Anwesenden.

Vorab möchte ich die rechtliche Situation der Stadt Bargteheide skizzieren. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) weist auf seiner Webseite darauf hin:

Asyl ist in Deutschland ein von der Verfassung geschütztes Recht. Menschen, die aus anderen Teilen der Welt vor Gewalt, Krieg und Terror fliehen, sollen hierzulande Schutz finden.

Quelle: Webseite des BAMF

Gemäß Verteilungsschlüssel erhält das Land Schleswig-Holstein 3,40578 % der Geflüchteten; diese werden, wie oben beschrieben, im Land weiter verteilt. Bargteheide hat dabei ihr Soll nicht erfüllt und liegt mit der Unterbringung von ihr eigentlich Zugewiesenen im Rückstand. Da absehbar ist, dass weitere Flüchtlinge eintreffen werden, ist eine schnelle Lösung erforderlich.

Zurück zum Verfasser auf Facebook. Ich möchte ihm hier keine Plattform geben, aber ignorieren möchte ich ihn auch nicht. Dem Namen nach ist der Herr selbst oder seine Vorfahren aus einem anderen Land nach Deutschland gekommen und doch macht das scheinbar einen Unterschied. Ich mag es nicht, wenn mit zweierlei Maß gemessen wird. Den hier Schutzsuchenden per se Gewaltbereitschaft zu unterstellen, gleichzeitig aber auf Facebook dazu aufrufen, dass die „Tränen das Feuer im Herzen entfachen“ sollen. Für mich liest sich das wie ein Aufruf zur Gewalt.

Ein arabisches Sprichwort lautet „die Zunge hat keine Knochen“, soll heißen, egal wie viele Unwahrheiten sie auch aussprechen muss, sie wird unter der Last der Lügen nicht brechen.

Manchmal bedauere ich das, wenn ich solche Texte lese.