Der Weg ins Amt

Andreas Samtleben

Aus Amerika zurückgekehrt, wurde Werner Mitsch bei der Marine als Fachausbilder an der Marineschule eingesetzt. Daneben ging er fünf Tage die Woche in Flensburg auf ein Abendgymnasium, um neben seiner Ausbildung die Fachhochschulreife zu erlangen. Dienstlich kam eine weitere Ausbildung zum Sportleiter dazu. „Kein richtiger Sportlehrer, aber für die Marine reichte es“, führt er aus. Immer wieder betont Mitsch, wie sehr er von seinen Vorgesetzten unterstützt wurde. Die förmliche Anerkennung für seine Führungspersönlichkeit erwähnt er nur in einem Nebensatz.

Der Plan, nach der Marine Berufsschullehrer zu werden, wurde zugunsten einer Ausbildung zum Diplom-Verwaltungswirt verworfen. Es folgte die Einstellung in den gehobenen Dienst durch die Stadt Kappeln. Später als Leiter der Bau- und Umweltabteilung und der städtischen Betriebe (Hafen, Wasserwerk und Klärwerk) kamen ihm seine vorherigen Ausbildungen und Berufe gelegen. So konnte er sich sowohl mit den Handwerkern als auch mit den Ingenieuren in ihrer jeweiligen Sprache auf Augenhöhe unterhalten.

Die Arbeit als Personalratsvorsitzender, verantwortlich für die Ausbildung des Nachwuchses, und die Tätigkeit als nebenamtlicher Dozent für den Bereich Organisation und Personalwesen an der Fachhochschule in Altenholz waren weitere Aufgaben im Berufsleben von Werner Mitsch. Als Büroleiter verantwortete er dann zwei Projekte: Zum einen die Wirtschaftsförderung und den Tourismus und zum anderen den Bereich der Verwaltungsreform „Neues Denken, neues Handeln“. Für Letzteres hatte das Land Schleswig-Holstein sechs Städte auserkoren, neben Kappeln unter anderem auch Bad Oldesloe. Werner Mitsch bewegt sich, wie er sich schon immer bewegte, Stillstand gibt es bei ihm nicht. Bevor er in das Projekt Wirtschaftsförderung einstieg, machte er ein Praktikum bei der Firma Nestlé. Das hieß für ihn: Morgens ganz früh zur Arbeit ins Rathaus, um 8:00 Uhr zum Praktikum, um danach gegen 16:30 Uhr zum Weiterarbeiten wieder ins Rathaus zu gehen. Bei Nestlé durfte er an allen Prozessen teilnehmen und konnte beide Abläufe, die in der freien Wirtschaft und die in der Verwaltung, miteinander vergleichen. Hier entwickelte Werner Mitsch die Idee, dass die Verwaltung Dienstleistung für den Bürger erbringen sollte.

Die Projektförderung in Höhe von 100.000,- DM durch das Land Schleswig-Holstein ermöglichte die Veränderungen der Verwaltungsabläufe und Strukturen hin zum Dienstleister für die Bürgerinnen und Bürger sowie der Stärkung des Ehrenamts. Werner Mitsch setzte sich auch dafür ein, die Verwaltung der Stadt Kappeln nach ISO 9000 zertifizieren zu lassen. Sein Ziel war es, weniger Schnittstellen zu haben und die Verwaltung so aufzustellen, dass die Arbeitsabläufe ohne Reibungsverluste Hand in Hand gehen konnte. „Ich mochte keine Behörde mehr sein“, wie er sagt. Die dazu notwendigen Veränderungen wurden vorab immer mit dem Personalratsvorsitzenden besprochen.

„Nur so geht das, wenn man was erreichen will, dass man das eben zusammen macht.“

Werner Mitsch

1995 beschäftigte sich Werner Mitsch zum ersten Mal mit dem Gedanken, ob er nicht Bürgermeister werden wolle. Zu der Zeit durchliefen die Bewerber und Bewerberinnen noch ein Auswahlverfahren der Kommunen; Direktwahlen durch die Bürgerinnen und Bürger gab es damals noch nicht. Bei dieser ersten Wahl mussten alle Bewerberinnen und Bewerber Eignung und Befähigung für die Hauptaufgabe „Führung und Verantwortung der Verwaltung“ nachweisen. Es war also da noch kein politisches Amt!

Der Weg ins Amt

Als 1996 die Stadt Bargteheide den Posten eines Bürgermeisters ausschrieb, gab es dreißig Bewerbungen, darunter zwei von Frauen. Eine Bewerbung war die von Werner Mitsch, doch war es nicht seine einzige; unter anderem hatte er noch eine bei der Stadt Reinbek laufen. Wer sich beworben hatte, war vertraulich, und so konnte Werner Mitsch auch beide Bewerbungen eine Zeit lang aufrecht erhalten. Komischerweise waren die Vorstellungsgespräche bei beiden Städten immer am selben Tag, was ihm einiges an organisatorischem Geschick abverlangte. Ein städtisches Gremium sichtete die Bewerbungen und siebte die ersten zwanzig Bewerber aus. Für die übrigen ging es jeweils einzeln in die weiteren Kommissionen. Ein Gremium aus dreißig Personen dezimierte die Zahl der Bewerber auf fünf. Diese präsentierten sich dann den Parteien. Noch vier beantworteten in der Aula der Realschule die Fragen der Bürgerinnen und Bürger.

Werner Mitsch war zusammen mit einem weiteren Kandidaten von der Wählergemeinschaft vorgeschlagen worden. Jeweils einen eigenen Kandidaten hatten die SPD und die CDU. Nach dieser letzten Vorstellung erhielt Mitsch nachts um 1:00 Uhr einen Anruf von Angelika Schildmeier, der Ortsvorsitzenden der SPD, die ihm mitteilte, dass die SPD ihren eigenen Kandidaten zurückziehen und ihn ebenfalls nominieren würde.

Zwei Kandidaten zur Wahl

Die Stadtvertretung zu Wahl des Bürgermeisters war für den 10. Juni 1996 anberaumt.

Sein Mitbewerber von der CDU war Claus Christian Claussen! „Familie Claussen kommt übrigens aus Kappeln“, verrät Werner Mitsch, der mit Carl Eduard Claussen auch schon Handball gespielt hatte.

Nach seiner Wahl zum Bürgermeister bekam Mitsch die Glückwünsche von Claus Christian Claussen und dessen Mutter, die als Stadtvertreterin in der Stadtvertretung saß. Die Familien Claussen verhielt sich dem künftigem Bürgermeister Werner Mitsch immer „absolut fair“ gegenüber, wie dieser betont.

Lesen sie bald: Eine Stadt gedeiht unter dem neuen Bürgermeister.

Foto: Jürgen Müller