Die gute Zeiten

Andreas Samtleben

Der neue Bürgermeister heißt Werner Mitsch.

Werner Mitsch versprach, dass er zum Amtsantritt am 01. Dezember 1996 in Bargteheide wohnen und gemeldet sein werde, dem war dann auch so. In der ersten Novemberwoche bezog er eine Wohnung in Bargteheide.

Als Bürgermeister ging Werner Mitsch auf die Bürgerinnen und Bürger zu. Er ging in die Kitas und Schulen und lud Schülerinnen und Schüler zu sich ins Rathaus ein. Für die Kinder aller Kindergärten öffnete er das Rathaus zweimal im Jahr für einen ganzen Tag.

Ob in der Frauengruppe der Kirche oder anderen Institutionen stets suchte er den Kontakt und stellte sich den Fragen der Bargteheider Bürger.

Als er beim Seniorenbeirat zum Seniorenfrühstück eingeladen war, fragte er die Anwesenden, die zusammen ungefähr 7.000 Jahre an Lebenserfahrung aufwiesen, ob nicht lieber er mit seinen nur 48 Jahren die Fragen stellen solle, statt umgekehrt. Das ehrte und freute die Seniorinnen und Senioren und das Eis war gebrochen. Auch wenn viele noch am alten Bürgermeister hingen und Werner Mitsch als unbekannter „Neuer“ nicht einmal Plattdeutsch konnte.

„Man muss Menschen mögen, wenn man das nicht macht, sollte man kein Bürgermeister oder Bürgermeisterin werden“.

Werner Mitsch

Mitsch konnte und kann mit Menschen umgehen, kann auf sie zugehen und seine Wertschätzung auch mit wenig Worten zum Ausdruck bringen. Er hat das richtige Gefühl, auf Situationen zu reagieren.

Bei seiner Wiederwahl wurde Werner Mitsch von allen Fraktionen unterstützt. Einen Gegenkandidaten gab es nicht. Trotzdem organisierte er vor der Wahl acht Veranstaltungen mit unterschiedlichen wichtigen Themen für Bargteheide.

Die Bürgermeisterwahl fand zusammen mit der Bundestagswahl am 22. September 2002 statt. Zur Erinnerung, an diesem Tag wurde zum ersten Mal der Bürgermeister direkt von den Bargteheidern gewählt. Sein Wahlergebnis von über 83 % der Stimmen bei einer Wahlbeteiligung von 79,53 % waren schon ein „Glücksgefühl“ für Werner Mitsch. Zweifel an seiner Wiederwahl hatte er zwar nicht, doch welches Standing er in der Bevölkerung hatte, konnte er selbst nicht einschätzen. Zu Kopf ist ihm das Ergebnis nicht gestiegen, sagt er. Für ihn war es die Bestätigung seiner bisherigen Arbeit, die er dann auch so weiterführen wollte.

„Wer etwas will sucht Wege, wer etwas nicht will, sucht Gründe.“

Wahlspruch von werner mitsch

Schuldenfreie Stadt

Angesprochen darauf, dass unter seiner Verwaltung die Stadt schuldenfrei wurde, gab er zu, seine „Finger mit drin“ gehabt zu haben. Doch sich den Verdienst auf seine Fahnen zu schreiben, gehe gar nicht.

Einen sehr großen Anteil hatten die Gewerbetreibenden mit ihrer Gewerbesteuer. Getriebe Bau Nord, flexi, Langnese Honig, um nur einige zu nennen. Mindestens einmal im Jahr, bei neuen Planungen der Stadt auch öfter, traf sich Werner Mitsch mit den Gewerbetreibenden. Doch war es nicht nur ein Austausch, der dort stattfand. Es war eine auf die Bedürfnisse der Gewerbetreibenden eingehende Zusammenarbeit.
Das folgende Beispiel verdeutlicht sehr gut, in welchem Umfang Werner Mitsch über die Verwaltung hinaus dachte und für die Stadt handelte:

Als Langnese Honig sich erweitern und neu bauen wollte, vertrat Werner Mitsch die Auffassung, es sei die ureigenste Aufgabe der Firma Honig zu produzieren und nicht von Verwaltung zu Verwaltung zu rennen. So holte die Verwaltung der Stadt Bargteheide alle beteiligten Genehmigungsbehörden sowie die Architekten und die Betriebsleitung von Langnese Honig ins Rathaus. Es konnten Fragen und Antworten z.B. zu Genehmigungsverfahren gestellt und beantwortet werden. Ja, es gingen „trotzdem einige Dinge schief“, sagt Mitsch, doch bei der Einweihung kam Dr. Oetker persönlich zu ihm, um anzumerken, „das hätte er bisher in keinem Bundesland erlebt, dass jemand sagt, wir sollen nicht von Verwaltung zu Verwaltung rennen, sondern der das zusammengeholt und gemacht hat.“

Die Zusammenarbeit und Kommunikation mit den politischen Gremien war vertrauensvoll und offen. Auch die Mitarbeitenden brachten sich stetig für Verbesserungen und mögliche Einsparungen ein.

Ein wesentlicher Punkt war auch, dass die Gebiete, wo Wohnungen entstehen sollten, vor der Änderung der Bebauungspläne von der Stadt aufgekauft wurden. Die Erschließung und die Vermarktung wurden durch die Stadt selbst ausgeschrieben und vorgenommen. Die Kämmerei stand am Wochenende in einem Bauwagen für Fragen der potenziellen Käufer zur Verfügung. Gleichzeitig mit der Erschließung und Vermarktung der Grundstücke wurden parallel Kindergärten gebaut. Interessierte trugen sich in eine Liste ein und hatten bei Bezug ihres Hauses oder Wohnung bereits einen Kindergartenplatz sicher und nicht erst ein Jahr nach ihrem Einzug. Mit dieser Idee verkaufte sich der erste Bauabschnitt „An der Kornmühle“ innerhalb von drei Jahren statt der geplanten fünf bis sieben Jahre. Daraufhin wurde Mitsch von anderen Bürgermeistern gefragt, ob die Stadt denn Kindergartenplätze verkaufen würde. Natürlich nicht. Es zeigte sich auch hier deutlich, wie vorausschauend Mitsch agierte. Mit den so generierten Einnahmen konnten alle Schulden getilgt werden. Für Werner Mitsch war es ein weiteres „Man muss auch Glück haben“. Ahrensburg hatte keine politischen Mehrheiten und Delingsdorf keine Baufläche mehr. So konzentrierten sich die Hamburger auf Bargteheide. Darauf hätte er keinen Einfluss gehabt, doch das ganze Paket „Zusammenarbeit, Gewerbebetriebe, die Vermarktung, die motivierten Mitarbeiter, die auch am Wochenende solche Dinge gemacht haben“ waren die Voraussetzungen für die Schuldenfreiheit. „Das ist ein Gesamtpaket.“

Bei seinem Amtsantritt hatte Bargteheide ca. 11.800 Einwohner, nach seiner Amtszeit lag die Zahl zwischen 14.000 und 15.000. Wichtig für Werner Mitsch ist es, in Erinnerung zu bringen, dass im Kaufpreis der Grundstücke die Anteile für Feuerwehr, Kindergärten und Schulen enthalten waren. Anderweitige Behauptungen seien eine „glatte Lüge“, so Mitsch weiter.

Das Wichtigste einer Stadt sind seine Bürgerinnen und Bürger. Wenn das Gefühl für ihre Stadt bei den Menschen angekommen ist, dann gehen sie vielleicht gelassener mit einigen Dingen um, ist Mitsch überzeugt. Ins Schwärmen kommt der Altbürgermeister, wenn er über die Veranstaltungen des Kleinen Theaters redet. Auch wenn es oft nicht einfach war mit Kirsten Martensen, der Intendantin des Kleinen Theaters und er ihr etliche seiner grauen Haare zuschreibt, hat sie eine „Top Arbeit“ gemacht. Ob es nun Senta Berger, Moritz Bleibtreu oder Hannes Wader waren, alle Künstler waren glücklich, wie sie hier behandelt wurden und wie die Menschen ins Theater strömten. Oder die vielfältigen Stadtfeste, wo er bei der Polizei darum warb, die Sperrstunde zu verschieben, weil es so schön war, wie sich die Vereine und Verbände einbrachten oder der Gottesdienst, der in seiner Zeit als Bürgermeister zum ersten Mal auf dem Stadtfest abgehalten wurde.

Auf die Projekte angesprochen, die während seiner Amtszeit angeschoben wurden, meint Mitsch nur: „Man muss Spaß haben und dabei sein, das macht mehr aus als immer über Projekte zu reden“. Doch trotzdem gab es Innovationen. So wurde die erste Brennstoffzelle in das Blockheizkraftwerk im Freibad verbaut, eine Anlage, die „Maßstäbe setzt und eine Pionierleistung war“, so der damalige Energieminister Claus Möller bei der Einweihung.
Was heute kaum noch jemand weiß, für die Rückhaltebecken „An der Trabrennbahn“ wurde die Stadt für „nachhaltiges Bauen“ ausgezeichnet.

Manchmal wurde ihm vorgeworfen, Dinge nicht ernst genug zu nehmen.
Was für andere eine Katastrophe war, wie z.B. die Sperrung der Rathausstraße, war in den Augen von Werner Mitsch allenfalls ein Ärgernis. Aufgrund einer wirklichen familiären Katastrophe bekam er eine andere Sichtweise auf solche Dinge. Sein Vater als Lokführer des IC „Schweiz Express“ D 370 von Basel nach Kopenhagen und 22 weitere Mitreisende verunglückten 1971 bei Rheinweiler tödlich. Werner Mitsch war da gerade einmal 22 Jahre alt.

Stormarns lebendige Stadt

Der Bahnanschluss, der Autobahnanschluss, die Freizeit- und Kultureinrichtungen, das „Kleine Theater“ und die vielfältige Schullandschaft waren schon ein „Pfund, mit dem man wuchern konnte“ und so entwickelte die Verwaltung zusammen mit einer Werbefirma adverb, den Slogan „Stadt Bargteheide, Stormarns lebendige Stadt“.

Es lief also. Bargteheide war eine Stadt, die etwas zu bieten hatte. Sie war schuldenfrei, die Zusammenarbeit zwischen Politik und Verwaltung war vertrauensvoll. Es gab motivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und eine Bevölkerung, die ihrem Bürgermeister bei der Wiederwahl mit über 83 % ihr Vertrauen aussprach.

Wie vertrauensvoll die Zusammenarbeit innerhalb der Verwaltung war, zeigte sich, als Mitsch mitten in den Haushaltsplanungen einem Freund auf den Philippinen helfen musste. Der stellvertretende Bürgermeister, Erster Stadtrat Kurt Iden und die Abteilungsleiter ermöglichten ihm den nötigen Freiraum von
2 1⁄2 Wochen.

Besser geht nicht, schlimmer schon.

Der Verzicht

Gesundheitlich heftig angeschlagen und von Mitsch als schwerste Entscheidung seiner ganzen Amtszeit gesehen, erklärte er am 04. September 2007 erst seinen Mitarbeitenden, dann der Politik seinen Verzicht auf eine dritte Amtszeit.

Danach

Treu ist er der Stadt bis heute geblieben und wie bereits beschrieben wird Werner Mitsch immer noch Achtung und Respekt entgegengebracht. Gesundheitlich wieder im guten Fahrwasser stellte er sich den Menschen wieder zur Verfügung, als Mediator. Auch hier ist seine Arbeit, die Art und Weise, wie er verbindend einwirkt, hochgeschätzt. Mit seinem Nachfolger im Amt des Bürgermeisters Dr. Hennig Görtz, seit 2016 Landrat im Kreis Stormarn, verbindet ihn eine lange Freundschaft. Er genießt immer noch großes Vertrauen unter den Verwaltungsmitarbeitenden der Stadt.

Werner Mitsch spricht oft von Glück. So war es für ihn ein Glücksfall, dass sich bei ihrer ersten Begegnung im französischen Dévill im Büro von Bürgermeister Dominique Gambier ein gemeinsames Hobby fand, das Handballspiel. Sofort gab es ein gemeinsames Thema und das Eis war gebrochen. Oder die langjährigen Freundschaften, die heute noch nach Kappeln reichen und die Möglichkeit als Neuling in Bargteheide Kontakte und letztendlich Freundschaften knüpfen zu können, eben durch den Sport.

Sein besonderes Glück ist und bleibt seine Frau Ruth und die Familie, die ihm einen enormen Rückhalt geben.

Herr Mitsch vielen Dank für ihr Vertrauen. Ich wünsche ihnen viele weitere Glücksmomente.

Foto: Jürgen Müller