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Klimapolitik ohne Ideologie

Andreas Samtleben

Interview mit dem Vorsitzenden der Wählergemeinschaft für Bargteheide Gerhard Artinger zur Ideologie in der Klimapolitik

Das Stormarner Tageblatt veröffentlichte am 03.06.2022 einen Artikel zu einem Vortrag von Frau Dr. Svantje Preuschmann vom Climate Service Center Germany über die Auswirkungen des Klimawandels auf Stormarn. Frau Dr. Preuschmann ist promovierte Mathematikerin und Geographin.

Am 16.06.2022 veröffentlichte ebenfalls das Stormarner Tageblatt einen Leserbrief von Gerhard Artinger auf eben diesen Artikel.

Bargteheide-Virtuell wollte mehr dazu wissen:

Bargteheide-Virtuell: Herr Artinger, sie haben mit einem Leserbrief auf den Artikel der Klima-Expertin Dr. Preuschmann auf die Auswirkungen des Klimawandels für Stormarn im Stormarner Tageblatt reagiert. Nun sieht es so aus, als ob sowohl der Artikel, als auch ihr Leserbrief hinter einer Paywall liegen und somit nur Abonnementen zugänglich ist. Können sie für unsere Leser und Leserinnen ihre Positionen noch einmal zusammenfassen?

Artinger: Das Thema Klimawandel ist komplex. Daher sind auch die Lösungen für dieses Problem komplex. Lösungen können wir nur erreichen, wenn wir ideologiefrei, technikoffen und unvoreingenommen forschen, diskutieren und handeln. Die Bevölkerung sollte sich nicht mehr von ideologisch geprägten Parolen steuern lassen. Es wird ihr suggeriert, dass man mit jetzt 30.000 oder demnächst mit 120.000 Windkraftanlagen oder mit Photovoltaik auf Feldern das Klima retten könne. Die Fakten werden nicht gesehen, weil sie wohl zu komplex sind.

B-V:  Was meinen Sie konkret mit ideologiefrei?

A.: Ideologie erleichtert den Menschen, sich zu entscheiden. Einfache Lösungen sind häufig ideologisch geprägt. Leider können viele Menschen mit komplexen Lösungen wenig anfangen, auch wenn diese Lösungen richtig wären. Lieber greift man zu Lösungen, die einfach klingen, auch wenn sie nichts bringen oder falsch sind. Hauptsache, diese Lösungen beruhigen das Gewissen. Beispiel Klimawandel und Energiewende. Verbunden mit dem Thema Klimawandel ist das Thema Energiewende. Viele sagen Energiewende, denken aber nur an den Strom. Strom ist aber nur ca. 20% des Primärenergieverbrauchs. Bei den Lösungen zur Klimakrise nur an den Strom zu denken, ist die erste fehlerhafte Vereinfachung. Bleiben wir beim Strom! Dieser soll CO2-frei erzeugt werden. Warum schalten wir dann die Kernkraftwerke ab? Warum ersetzen wir zuverlässig erzeugte Energie durch volatile Energie. Strom aus Wind und Sonne ist wetterabhängig, fehlt nachts und bei Flaute. Dann brauchen wir Kohle oder Gas. Ideologiegetrieben nur auf Wind und Sonne zu bauen, führt uns in den Blackout.

B-V: Was sollte man also tun, damit die globale Temperatur nicht weiter steigt?

A.: Um etwas gegen die Klimakrise zu tun, brauchen wir unbedingt eine ideologiefreie und offene Diskussion. Wir müssen Forschung und Fortschritt zulassen. Wir müssen jetzt die Emissionen senken. Wissenschaftlicher Konsens ist, dass die steigenden CO2-Emissionen in gewisser Weise zur Erderwärmung beitragen. Wir müssen z.B. noch mehr erforschen, wie die Sonnenzyklen und CO2 das Klima beeinflussen. Wir müssen auch die Kernkraft der vierten Generation (Dual-Fluid-Reaktor) prüfen. Nur wenige wissen über dieses Thema Bescheid. Dass diese neue Technik systembedingt sicher ist, dass sie sogar unseren bisher angefallenen Atommüll verwerten kann, weiß kaum jemand. Man braucht kein Endlager.

B-V: Die Zeit schrieb bereits am 08.04.20214 das Deutschlands CO2-Emissionen wieder ansteigen würden. Das EU-Parlament hat im Juni 2022 gegen die europäische Ausweitung des Emissionshandels im Verkehr und auf Gebäude gestimmt. Hinzu kommt jetzt die mögliche Freigabe zusätzlicher CO2-Zertifikate durch die EU, um Geld in die Kassen zu spülen. Wie sehen sie das?

A: Ein wesentlicher Baustein, um die CO2-Emissionen zu senken, ist der europäische Treibhausgasemissionshandel. Noch besser wäre ein globaler Emissionshandel. Dadurch erhält die CO2-Emission einen Preis. Die Anzahl der Zertifikate ist zu vermindern, statt zu erhöhen. Durch die Bewertung im Emissionshandel werden alle Maßnahmen nach Wirtschaftlichkeit und Effizienz sortiert. Die kostengünstigsten Maßnahmen werden also als erstes umgesetzt. Subventionen werden überflüssig. Es reicht nicht, unser Gewissen mit Milliarden von Euros über EEG-Subventionen zu beruhigen. Die EEG-Subventionen verhindern die technische Entwicklung. Kein Windkraftbetreiber investiert in Speichertechnik (Beispiel Redox-Flow-Batterie), wenn er sein Geld auch mit abgeregelten Anlagen verdient. Für den sogenannten Phantomstrom darf es kein Geld mehr geben.

B-V:  Werden durch den Emissionshandel nicht die Kosten noch mehr steigen?

A.: Klimaschutz erreichen wir nicht kostenlos. Gerade daher ist es wichtig, die Gelder wirkungsvoll und effizient einzusetzen. Viel Geld auszugeben, um die Emissionen von einer Industrie auf einen anderen Sektor zu verschieben oder von hier in ein anders Land, hilft dem Klima nicht, verteuert nur den Klimaschutz.

B-V: Vielen Dank für das Gespräch, Herr Artinger.

Grafik: Gerd Altmann auf Pixabay