Bürgermeister der Herzen

Andreas Samtleben

Am 4. September 2007 erklärte Werner Mitsch, erst seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und später dann der Kommunalpolitik, er werde für eine dritte Amtszeit als Bürgermeister der Stadt Bargteheide nicht mehr zur Verfügung stehen. Nach der Bekanntgabe vor den Kolleginnen und Kollegen, war es still.

„Ich ging schweigend in mein Büro und weinte“

Werner mitsch im Gespräch mit andreas Samtleben

Herbert Sczech, der büroleitende Beamte der Stadt Bargteheide, wird tags darauf im Hamburger Abendblatt mit den Worten zitiert:

„Das war kein schöner Tag für uns, wir hätten gern noch eine Amtsperiode mit Werner Mitsch zusammengearbeitet.
Viele Kollegen im Rathaus seien sehr bewegt.
Die Arbeitsatmosphäre unter Werner Mitsch sei sehr angenehm. Er hat uns abgeholt und mitgenommen.
Wir werden dem Chef bis zum letzten Tag die Unterstützung geben, die er verdient“

Herbert Sczech im Hamburger Abendblatt vom 05.09.2007

Wer den etwas knurrig wirkenden Sczech auch nur wenig kennt, kann ermessen, welche Hochachtung er und nach seinen Ausführungen, die Mitarbeitenden der Verwaltung ihrem Verwaltungschef entgegengebracht haben müssen. Herbert Sczech ist ein wandelndes Verwaltungslexikon und ist so leicht nicht zu beeindrucken. Umso beeindruckender sind seine Worte.

Wer ist dieser Mensch, dem heute noch die Achtung und der Respekt, aber auch das Vertrauen entgegengebracht werden? Darauf angesprochen winkt er ab. Auf einen Sockel ließe er sich nicht stellen. Sein Geheimnis? Er mag, wertschätzt und achtet die Menschen. Sein Lebensmotto? Es gehört auch eine Portion Optimismus und Glück dazu.

Ob es auch schon damals Glück war, als die Lehrer ihm den Zugang zur Realschule verweigerten und seinen Eltern erklärten, „aus ihrem Sohn wird nichts, der hat nur dummes Zeug im Kopf, Streiche kann er machen, so richtig lernen und aufpassen, ist wohl nicht sein Ding“. So kam Werner Mitsch auf die Volksschule und traf dort auf einen prügelnden Klassenlehrer und einen eben solchen Pfarrer. Die Eindrücke, die diese Jahre in ihm hinterlassen haben müssen, stehen noch heute mit im Raum, wenn er davon erzählt. Zum Glück erkrankte die Klassenlehrerin der Mädchenklasse schwer, so mussten die Mädels auf die Klassen der Jungen aufgeteilt werden und fortan gab es keine Schläge mehr.

Deutsche Bahn im Blut

Mit vierzehn Jahren fing Werner am 1. April 1964 seine Lehre als Starkstromelektriker bei der Deutschen Bahn an. Vater und Bruder waren Lokführer, der Onkel Stellwärter, da schien der Weg auf der Schiene vorgezeichnet zu sein, den auch Werner Mitsch wollte Lokführer werden. „Passte so“ sagte er und macht im ersten Lehrjahr eine Ausbildung zum Schlosser, der Dieselloks wegen. Darauf folgten weitere zweieinhalb Jahre Ausbildung zum Starkstromelektriker. In dieser Zeit trat Werner Mitsch in die Gewerkschaft der Eisenbahner Deutschland ein, sehr zum Leidwesen von Bruder und Vater, die in der Gewerkschaft der Lokführer waren. Als gewählter Jugendvertreter der ganzen Lehrwerkstatt erhielt er obendrein noch eine gewerkschaftliche Ausbildung. Für drei Wochen ging es an den Tegernsee. Auf dem Programm standen politische Bildung und Geschichte, auch die vom Dritten Reich, ein Tabuthema während seiner Schulzeit. Inbegriffen war ein Besuch eines KZ in Straßburg, ein „Schockerlebnis“, wie Werner Mitsch betonte, aber auch eine politische Vorprägung.

Die Bundeswehr ruft

Nach der Ausbildung kommt der Bund, eine für damalige Zeiten klare Angelegenheit. Zum Heer wollte Werner Mitsch aber nicht, fuhr doch sein Vater schon auf dem Linienschiff der Deutschen Kriegsmarine „Schleswig-Holstein“, auch als dieses am 1.September 1939 um 4:47 Uhr mit seinem Feuer auf eine polnische Stellung auf der Halbinsel Westernplatte den Zweiten Weltkrieg eröffnete. Mit Unterstützung des Vaters, der die notwendigen Unterlagen beibrachte, wurde Mitsch bei der Marine angenommen. Er verpflichtete sich für vier Jahre, wurde zum Elektroniker umgeschult, um dann eine Ausbildung in Feuerleittechnik, Radar und Steuerungstechnik zu erhalten. Bereits 6 Monate nach Dienstantritt bekamen einige Kameraden und er das Angebot einer Sprachausbildung inklusive einer Ausbildung in den Vereinigten Staaten zu machen. Die Bedingung war eine Verpflichtung auf acht Jahre. Werner Mitsch griff zu. Nach der Sprachausbildung ging er ein Dreivierteljahr nach Chicago und erhielt eine Fortbildung für die Feuerleitanlagen der Raketenzerstörer.

Fortsetzung.

Foto: Jürgen Müller