Spaltung einer Stadt

Andreas Samtleben

Es war der erste Ausschuss von zweien, wo die fristlose Kündigung der Personalratsvorsitzenden Bettina Lange öffentlich auf einem Tagesordnungspunkt stand.

Im Haupt- und Sozialausschuss vom 24.08.2022 verurteilten die Fraktionen von CDU, SPD, WfB und FDP das Vorgehen der Bürgermeisterin mit klaren Worten und richteten an sie den Appell, sowohl die Kündigung als auch die Abmahnungen, die sie gegen weitere beteiligte Personalratsmitglieder ausgesprochen hatte, zurückzunehmen.

Irritierte Grüne

Dass es den Grünen auch unter dem Versuch der Zuhilfenahme der Kommunalaufsicht nicht gelang, den Tagesordnungspunkt 9 absetzen zu lassen, zeigten sie sich dann in ihrer Stellungnahme „überrascht und irritiert“ über „die Vorkommnisse rund um die Kündigung der Personalratsvorsitzenden“. Ruft man sich in Erinnerung, dass es die Grünen waren, die Frau Kruse-Gobrecht im Wahlkampf um das Amt der Bürgermeisterin unterstützt hatten und es, nennen wir es mal, mögliche Gerüchte darüber gibt, dass es zu regelmäßigen Treffen während der Amtszeit zwischen Ruth Kastner und Kruse-Gobrecht kam, ist diese, mit einer Monotonie in der Stimme vorgebrachte Stellungnahme mehr als anzuzweifeln. Mit keinem Wort wurde Verständnis oder Empathie für die Personalratsmitglieder geäußert.
Auch ein Statement an die Wählerinnen und Wähler.

Fraktionen taten gut daran

Die Kündigung und die Abmahnungen auf die Tagesordnung von Haupt- und Sozialausschuss zu nehmen waren sehr richtig. Während von Anfang an die Lübecker Nachrichten, das Hamburger Abendblatt und das Stormarner Tageblatt darüber in aller Ausführlichkeit berichteten, verlief die Berichterstattung auf dem von der Grünen Claudia Mac Arthur betriebenen Portal bargteheideaktuell.de doch sehr spärlich. Auch im Bargteheider Markt war nicht viel zu erfahren. Selbst eine Information zu den European Championships 2022, wo Bettina Lange Silber und Ehepartner Jens Krohn Gold im Triathlon in ihrer Altersklasse errangen, fand erst am 27.08., also 13 Tage später Eingang in die Berichterstattung des Wochenblatt.

Stadtvertreter Klaus Mairhöfer wittert Einflussnahme durch Politik

Zogen sich die Grünen noch auf eine sachliche Stellungnahme zurück, wollte der Fraktionsvorsitzende der USB eine Einflussnahme des Gerichts durch die Politik herauf beschwören. In einer langen Stellungnahme, zeigte er sich froh in einer Demokratie zu leben. Möglicherweise sollte der Stadtvertreter dann auch selbst ein wenig mehr Demokratie leben.

Bürgermeisterin nutzt eigene Möglichkeiten nicht

Bürgermeisterin Birte Kruse-Gobrecht schien gelassen in die Sitzung des Haupt- und Sozialausschusses zu gehen. Die harten Auseinandersetzungen der letzten Jahre mit Teilen der Kommunalpolitik haben sicherlich auch mit ihr etwas gemacht, da wird sie sich mutmaßlich weder von einem Antrag noch durch den über den randvoll mit Zuschauern belegten Ratssaal bange machen lassen. Die Kommunalpolitik konnte außer einem Appell an sie zu richten nicht viel mehr unternehmen. Und Personalangelegenheiten bei laufenden Gerichtsverfahren kommentiere die Verwaltung sowieso nicht.

Auf Wikipedia wird ein Appell wie folgt definiert:

Ein Appell ist in der Linguistik und der Psychologie eine Funktion der zwischenmenschlichen Kommunikation. Die Aufforderung kann auf Handeln oder Nichthandeln ausgerichtet sein. Dabei können analoge oder digitale Botschaften auf verbaler oder nonverbaler Ebene eingesetzt werden.

Eine Bürgermeisterin, die sich rühmt Juristin und Mediatorin zu sein, sieht keine Möglichkeit, sich mit einer Personalratsvorsitzenden zu einigen? Zumal sie doch neun Mitarbeitende zu Mediatoren ausbilden hat lassen? Zumal ihr als Juristen klar gewesen sein müsste, dass die fristlose Kündigung auf höchstwahrscheinlich fragwürdigen juristischen Füßen stehen könnte?

Lutz Kastendieck vom Hamburger Abendblatt brachte es in seinem Kommentar am 02.08.2022 auf den Punkt, indem er von einem „beispiellosen amoralischen Akt“ der Bürgermeisterin Kruse-Gobrecht sprach.

Ihr Vermächtnis an diese Stadt kann also nur als spaltend angesehen werden.